Organisation in der Kirche

Die Geschichte der Causa Nazareth hat ihre Ursprünge im Verwaltungs- und Verfahrensrecht. Um verstehen zu können was in diesem Bereich alles veranstaltet wurde, brauchen wir eine gewisses Grundverständnis über die Organisation der Evangelischen Kirche.

Disclaimer

Nichts ist so stetig wie der Wandel. Auch die Kirche unterzieht sich immer wieder Veränderungsprozessen, so dass ich nicht ausschließen kann, dass sich einiges im Laufe der Zeit verändert hat. Die hier von mir beschriebenen Begebenheiten repräsentieren meinen Wissens- und Kenntnisstand und bezieht sich vor allem auf die Situation vor ungefähr 10 Jahren. Ich gehe davon aus, dass sich nichts wesentliches geändert hat, sollte aber dennoch etwas im Detail nicht stimmen, bitte ich um entsprechende Hinweise.

Wer aber alles überprüfen will, kann sich hier die Grundordnung der EKBO zu Gemüte ziehen. Was „Grundordnung“ und „EKBO“ bedeuten, werden wir im Laufe des Artikels noch kennenlernen.

Im Übrigen gilt, dass ich wenn ich von „der Kirche“ spreche, ich die Evangelische Kirche meine.

Gemeinde

Herzstück der Kirche ist die Gemeinde. Die Gemeinde repräsentiert die kleinste Verwaltungseinheit innerhalb der Kirche und bildet das Fundament allen kirchlichen Handels. Frei nach dem Motto

„Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen bin ich mitten unter Ihnen“

Matthäus, 18, 20

Denn grundsätzlich gehört zum christlichen Leben auch das Leben in der Gemeinschaft mit dazu.

Parochie

Damit nun ein jedes Schäflein der christlichen Herde weiß, welche Gemeinde die richtige ist, ist die Kirche parochial organisiert. Das bedeutet, das eine jede Person auf Basis des eigenen Wohnorts einer Gemeinde zugeordnet wird. Dabei gibt es zwei Besonderheiten. Gerade im städtischen Bereich kann es sein, dass man durch Umzug das Gemeindegebiet verlässt, obwohl gerne ind er Gemeinde bleiben möchte. Dies ist möglich über das Stellen eines Umgemeindungsantrags. Dieser ist formlos zu stellen und muss von der aufnehmenden Gemeinde bestätigt werden. Darüber hinaus gibt es aber auch Gemeinden, die kein Gemeindegebiet haben, wie z.B. die Domgemeinde zu Berlin, in die man ausschließlich durch einen Umgemeindungsantrag gelangt.

Am Ende ist es aber recht einfach: jedes Mitglied der Kirche ist auch Mitglied genau einer Gemeinde.

GKR

Die Gemeinde ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Ihr Leitungsorgan ist der Gemeindekirchenrat (GKR). Der Gemeindekirchenrat besteht bis auf Parrstelleninhaber:innen ausschließlich aus ehrenamtlichen Mitgliedern, die auch Älteste genannt werden. Älteste werden durch eine allgemeine Wahl in der Gemeinde für eine Amtszeit von 6 Jahren gewählt. Allerdings finden diese Wahlen alle drei Jahre statt, damit zur Wahrung einer gewissen Kontinuität nur die Hälfte des Gremiums durch eine Wahlausgetauscht wird.

Hat eine Gemeinde nur eine Pfarrer:in, so ist diese automatisch Mitglied des GKR. Bei mehreren Pfarrer:innen wird es etwas komplizierter und nicht alle sind zwangsläufig Mitglied des GKR. Dies führt hier allerdings etwas zu weit.

Den Vorsitz des Gemeindekirchenrats stellt zwingend eine ehrenamtliche Person, so dass die Sitzungsleitung und Außenvertretung einer ehrenamtlichen Person unterliegt. So wie ich es kennengelernt habe, übernimmt dann eine Pfarrer:in den stellvertretenden Vorsitz und der GKR beauftragt sie dann mit der Geschäftsführung. Gerne kommt dann die Bezeichnung „geschäftsführende Pfarrerin“. Wenn man es genau nimmt, ist das eine gewisse begriffliche Umdichtung, da historisch mit diesem Titel eigentlich was anders gemeint gewesen ist – aber auch das führt hier zu weit.

Der GKR hat die Dienstaufsicht über alle Mitarbeiter:innen der Gemeinde bis auf die Pfarrer:innen.

Gemeindeversammlung

Mindestens einmal im Jahr wird eine Gemeindeversammlung einberufen, zu der alle Gemeindeglieder eingeladen werden. Hier legt der GKR Rechenschaft über seine geleistete Arbeit ab.

Kirchenkreis

Aus mehreren Gemeinden bildet sich ein Kirchenkreis. Ein Kirchenkreis ist ebenfalls eine Körpeschaft öffentlichen Rechts. In Berlin wurde mal versucht, die Kirchenkreis-Zuschnitte an den Bezirksgrenzen zu orientieren, aber dieses Modell hat sich recht schnell überlebt, so dass die Verwaltungsgrenzen nichts mehr mit ihren kirchlichen Pendants zu tun haben.

Verwaltungsamt

Da die Gemeinden mittlerweile zu klein und finanzschwach sind, um ihren Verwaltungsaufgaben alleine gerecht zu werden, bilden die Gemeinden über den Kirchenkreis ein kirchliches Verwaltungsamt (KVA) – teilweise schließen sich mehrere Kirchenkreise zusammen, um ein KVA finanzieren zu können.

Im KVA finden die reinen Verwaltungstätigkeiten wie z.B. die Personalverwaltung, Lohnzahlungen, Grundstückbewirtschaftung etc. statt.

Kreissynode

Das Parlament des Kirchenkreises ist die Kreissynode. Die Kreissynode tagt mind. einmal, meist zweimal pro Jahr und setzt sich aus Gemeindevertreter:innen und Berufenen zusammen. Eine Amtszeit der Kreissynode beträgt 6 Jahre. Der Kreissynode steht das Präsidum vor, sie wird geleitet von der (dem) Präses. Die Präses ist zwingend ehrenamtlich und repräsentiert das höchste Ehrenamt im Kirchenkreis.

Die Kreissynode verabschiedet den kreiskirchlichen Haushalt in dem die einzelnen Gemeindehaushalte integriert sind. Sie wählt aus ihrer Mitte den Kreiskirchenrat und auch die Superintendent:in. Beide sind ihr rechenschaftspflichtig. Sie setzt inhaltliche Schwerpunkte für die Arbeit des Kirchenkreises.

Kreiskirchenrat

Der Kreiskirchenrat (KKR) tagt einmal pro Monat unter der Leitung der Superintendent:in. Die stekllvertretende Leitung hat die Präses inne. Der KKR hat die operative Leitung des Kirchenkreises inne. Er ist vergleichbar mit dem GKR, bloß eine Ebene weiter oben.

Superintendent:in

Die Superintendent:in ist die leitende Geistliche des Kirchenkreis und hat die Dienstaufsicht über alle kreiskirchlichen Angestellten und die Pfarrer:innen der Gemeinden. Sie leitet die Geschäfte des Kirchenkreises und vertritt ihn gemeinsam mit der Präses nach außen.

Landeskirche

Die Gesamtheit der Kirchenkreise bildet die Landeskirche, die ebenfalls eine Körperschaft öffentlichen Rechts ist. Die Landeskirche in der sich die Causa Nazareth zugetragen hat, ist die „Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesisches Oberlausitz“ oder auch die EKBO.

Landessynode

Das Parlament der Landeskirche ist die Landessynode, die zweimal jährlich tagt. Sie setzt sich aus Gemeindevertreter:innen und Berufenen zusammen, so wie ein paar besonderen Mitgliedern. Die Landessynode berät und verabschiedet Kirchengesetze für Ihren Zuständigkeitsbereich.

Der Landesynode sitzt eine ehrenamtliche Präses vor, die zusammen mit dem Präsidium die Tagungen leitet. Diese werden vorbereitet vom Ältestenrat.

Die Landessynode wählt die Bischöfin der Kirche und bestimmt aus ihrer Mitte die Kirchenleitung.

Kirchenleitung

Die Kirchenleitung führt den Pfad von GKR und KKR fort und führt die Geschäfte der Landeskirche.

Konsistorium

Das Konsistorium wird auch gerne Landeskirchenamt genannt und repräsentiert die Verwaltung der Landeskirche. Die einzelnen Referate werden von Oberkonsitorialräten (OKRs) geleitet.

Leitungsstränge

In der Gesamtschau, lassen sich drei Leitungsstränge innerhalb der Kirche erkennen.

Die synodale Leitung repräsentiert das Herzstück der Kirche, da hier Laien über parlamentarische Strukturen die Grundlagen der kirchlichen Arbeit definieren. Der direkt Strang ist dabei Gemeindeversammlung – Kreissynode – Landessynode, wobei die operativen Gremien (GKR, KKR, Kirchenleitung) als Teile dieses Strang gesehen werden können.

Die konsistoriale Leitung startet in der Gemeinde in der Küsterei (Gemeindebüro) und geht über das KVA ins Konsistorium.

Da Superintendent:innen auch gerne Ephoren genannt werden, bezeichnet der ephorale Strang die Linie Pfarrer:in – Superintendent:in – Bischöf:in.

Das innerhalb dieser verschiedenen auch verschiedene Perspektiven entstehen können, versteht sich von selbst…

Sprengel als Sonderkonstrukt

Und dann gibt es da noch eine Zwischenebene zwischen den Kirchenkreisen und der Landeskirche: Die Sprengel. Einem Sprengel sitz die Generalsuperintendent:in vor, die die Dienstaufsicht über die Ephoren hat.

Fazit

So, dass ist der kleine Einblick in die kirchliche Organisation und vermutlich werde ich noch oft auf diesen Artikel verweisen und ihn auch stetig erweitern und verbessern. Falls ich irgendwas falsch oder irreführend beschrieben habe, bitte ich um einen entsprechenden Hinweis.

cK

Beitragsbild

Foto von Brett Sayles: https://www.pexels.com/de-de/foto/silhouette-des-kreuzes-1343325/